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PDF: Beurteilung der Schmerzen bei kognitiv eingeschränkten Menschen durch Azubis (Hausarbeit)


Beurteilung der Schmerzen bei kognitiv eingeschränkten Menschen durch (HA Nils Wommelsdorf) (pdf)

Die Beurteilung der Schmerzen bei kognitiv eingeschränkten Menschen durch Auszubildende in der Altenpflege im ersten Ausbildungsjahr – meine Hausarbeit im Rahmen der Weiterbildung zum staatlich anerkannten Praxisanleiter.
Ich habe mich entschieden, diese Hausarbeit hier zu veröffentlichen, um einerseits Möglichkeiten zur besseren Schmerzerfassung bei Menschen mit Demenz aufzuzeigen
– und um andererseits Anregungen zum Erstellen der Hausarbeit für angehende Praxisanleiter zu geben.
Die Hausarbeit wurde mit einer “1” bewertet.

Material zu dieser Hausarbeit findet sich hier:
Schmerzerfassung bei Menschen mit Demenz (Umfrage)
BESD-Übungsvideos

Ein Auszug:

Einleitung

„Das Erleben von akuten Schmerzen hat Auswirkungen auf das physische, psychische und auch das soziale Befinden von Patienten / Bewohnern. Die negativen Auswirkungen von nicht oder nicht ausreichend gelinderten Schmerzen reichen von einer momentanen Belastung und Beeinträchtigung der Lebensqualität bis zu lang andauernden Einschränkungen der Qualität der gesamten Lebenssituation.“ (DNQP, 2011, S. 22)

Diese Aussage aus der Präambel des „Expertenstandards Schmerzmanagement in der Pflege bei akuten Schmerzen“ in der Aktualisierung von 2011 umschreibt den Einfluß, den unzureichend oder nicht behandelter Schmerz auf das Leben und Erleben eines Menschen haben kann. In der Versorgung von pflege- und/oder behandlungsbedürftigen Menschen kommt dieser Aussage insofern noch mehr Gewicht zu, da es sich oft um schon im Voraus durch Erkrankungen belastete Menschen handelt. Deshalb ist das Erkennen von Schmerz und Diagnostik und Therapie anzuregen eine zentrale Aufgabe der Pflegekräfte in ihrer täglichen Arbeit.

„Schmerz ist das, was immer die an Schmerz leidende Person darunter versteht und liegt vor, wann immer diese Person ihn wahrnimmt.“ (McCaffery, 1968, S. 95)

Wie McCaffery impliziert, ist Schmerz ein vielschichtiges Phänomen, das nicht nur den „von außen“ nachvollziehbaren Schmerz (Gewebedefekte, Frakturen etc.) bezeichnet, sondern auch Schmerzen, die nur bedingt aufgrund von diagnostizierten Erkrankungen nachvollzogen werden können. Schmerzen, die also nur der betroffene Mensch selbst als solche erlebt. Menschen ohne kognitive Einschränkungen können ihre Schmerzen, wie auch andere Stimmungen oder Gemütslagen, klar und deutlich artikulieren.

Doch wie steht es um Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen? Wie können Menschen mit gestörter „Informationsverabeitung“ ihre Schmerzen artikulieren, wenn sie selbst das Gefühl „Schmerz“ nicht einordnen können? Wenn die Möglichkeit, sich überhaupt zu artikulieren oder durch willkürliche gestische oder mimische Äußerungen verständlich zu machen fehlt?
Die Expertenstandards zum Schmerzmanagement in der Pflege bei akuten respektive chronischen Schmerzen fordern folgerichtig „aktuelles Wissen zur systematischen Schmerzeinschätzung“ von Pflegefachkräften (DNQP, 2011, S. 25 Strukturkriterium S1a, ebenso sinngemäß DNQP, 2015, S. 27 Strukturkriterium S1a). Desweiteren müssen Einrichtungen der Pflege „aktuelle, zielgruppenspezifische Einschätzungsinstrumente und Dokumentationsmaterialen zur Verfügung“ stellen (DNQP, 2011, S. 25 Strukturkriterium S1b und DNQP, 2015, S. 27 Strukturkriterium S1b).

Laut den Expertenstandards sind auch bei kognitiv eingeschränkten Menschen „einfache“ Zahlenskalen (beispielsweise von 0-10) anzuwenden (vgl. DNQP, 2011, S. 71 und 74 sowie DNQP, 2015, S. 104), diese sollten jedoch, gerade bei stärker eingeschränkten Personen, mit einer Fremderfassungsskala ergänzt werden (vgl. DNQP, 2011, S. 74 und DNQP, 2015, S. 104). Auch in verschiedenen medizinischen Leitlinien wird eine spezielle Schmerzerfassung für Menschen mit kognitiven Einschränkungen explizit gefordert (vgl. beispielsweise Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), Deutschen Krebsgesellschaft e. V. (DKG) und Deutschen Krebshilfe (DKH), 2015, S. 61f, ebenso Deutsche Gesellschaft für Neurologie / Wasner, 2017, S. 7). Dieser Umstand zeigt, dass auch Ärzte nach einer Fremderfassungsskala den Schmerz bei Menschen mit Demenz erfassen müssen, wenn sie nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft versorgen wollen.

In den oben genannten Expertenstandards, hier jetzt exemplarisch im Standard zum Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen, werden auf den Seiten 74 und 75 exemplarisch die Schmerzassessmentinstrumente BESD, BISAD, ZOPA sowie einige andere genannt, die zur Erfassung des Schmerzes bei kognitiv beeinträchtigten Menschen ausreichend validiert sind. Diese Skalen sind insofern für die Ausbildung in der Altenpflege relevant, da Menschen mit kognitiven Einschränkungen, hier vor allem Demenz, in der Altenpflege ein zunehmend großes Klientel sind. Laut der aktuellen Pflegestatistik des Statistischen Bundesamts (Statistisches Bundesamt, 2015, S. 9) werden bereits 59,1% der stationär versorgten Menschen und 25,1% der Pflegebedürftigen in der ambulanten Versorgung der Gruppe der „Menschen mit erheblich eingeschränkter Altagskompetenz“ (siehe dort) zugerechnet.

Geht man nun von einer zunehmend älteren Gesellschaft aus (Bundesministerium des Innern, 2011, S. 11), verbunden mit einer mit zunehmendem Alter stark steigenden Inzidenz von Demenzerkrankungen (vgl. Sütterlin et al, 2011, S. 20) , wird dieses Klientel nur noch mehr an Bedeutung gewinnen. Im Rahmen der Recherche habe ich im Zeitraum 25.11. – 31.12.2016 eine große Umfrage zur Schmerzerfassung bei Menschen mit Demenz initiert, in der ich unter anderem zu dem Ergebnis kam, dass in den meisten Pflegeeinrichtungen das Schmerzassessment bei Menschen mit Demenz lediglich durch dreijährig ausgebildetes Personal durchgeführt wird (vgl. Nils Wommelsdorf, 2017) . In den Anleitungen der am stärksten verbreiteten Fremderfassungsskalen wird aber eine Erfassung durch alle an der Pflege beteiligten Personengruppen gefordert (vgl. Anhang 2, S. 2 und Fischer, keine Jahresangabe, S. 1). In der Umfrage stellte sich ebenso heraus, dass, sollte ein entsprechendes Schmerzerfassungsinstrument implementiert sein, dies in den weitaus meisten Fällen die BESD (Beurteilung von Schmerzen bei Demenz) ist (Anhang 1).

Ich werde in dieser Hausarbeit also das Hauptaugenmerk auf die Anleitung in der Arbeit mit der BESD legen, die im deutschsprachigen Raum geläufig und vielen Pflegekräften aus der täglichen Arbeit bekannt sein dürfte.